Das Thema Schneefall ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Pulverfass. Schließlich haben viele ihre ganz eigene Wahrheit, wenn es um Vorhersagen, die schneereichsten Gebiete oder Langzeitprognosen für die gesamte Saison geht. Damit man solche steilen Thesen künftig entschärfen kann, haben wir einen Wissenschaftler um Antworten gebeten.
Was für einen Winter erwarten Sie?
Harald Schellander: Gleich die schwierigste Frage zu Beginn. (lacht) Aber da muss ich leider enttäuschen, denn eine Prognose für einen ganzen Winter abzugeben, wäre einfach unseriös.
Als unseriös gelten auch sogenannte Bauernweisheiten, anhand derer gerne Prognosen abgegeben werden. Wie sehen Sie diese als Wissenschaftler?
Es gibt verschiedenste Ansätze, wie den Bauernkalender, die Siebenschläfer oder den Hundertjährigen Kalender. All diese Modelle stammen aus einer Zeit, in der die Wissenschaft noch nicht weit war und die physikalischen Vorgänge nicht beschreiben und keine Prognosen erstellen konnte. Also haben die Leute, die viel draußen waren, die Natur beobachtet und daraus Zusammenhänge abgeleitet.
„Wenn man eine richtige Prognose trifft, ist man der große Held, aber es gibt eben auch häufig Abweichungen.“
Harald Schellander (52) ist Meteorologe bei der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), dem nationalen Wetterdienst von Österreich, in Innsbruck. Als ausgebildeter Bergführer, Snowboarder und Skifahrer kennt er die Freeride-Spots rund um Innsbruck bestens.
Sind diese Modelle also nicht zwingend falsch?
Es gibt einen über Jahre beobachteten Mittelwert der Temperatur, der durchaus stimmen kann. Wenn der Sommer brutal heiß war, wird nach dieser Logik der nächste Winter sehr kalt sein, damit der bekannte Durchschnittswert wieder stimmt. So kann es häufig vorkommen, dass nach einem heißen Sommer ein kalter Winter folgt, und wenn man eine richtige Prognose trifft, ist man der große Held, aber es gibt eben auch häufig Abweichungen.
Gibt es eine Bauernweisheit, die sich durch die Wissenschaft zum Teil bestätigt hat?
Nein, wenn das so wäre, müsste man nicht die Mathematik oder Physik bemühen. Wenn man so eine Regel findet, kann man sich vielleicht selber glücklich machen und einen tollen Winter erwarten, aber helfen wird es nicht.
Inwiefern lassen sich hingegen wissenschaftliche Langzeitprognosen treffen?
Wenn man ins Detail geht – zum Beispiel über Tageshöchsttemperatur, Niederschlagsmengen, Schneefallmengen – ist das je nach Wetterlage maximal vier bis fünf Tage vorher seriös. Das hängt auch von der Stabilität der Wetterlage ab. Will man aber eine saisonale Prognose treffen, kann nur geschaut werden, ob die Temperatur über oder unter dem langjährigen Mittel liegt. Und solche Wahrscheinlichkeiten sind etwas völlig anderes als detaillierte Vorhersagen. Denn die Temperatur eines einzelnen Tages kann von diesem Mittelwert abweichen. Für die eingangs genannten Parameter eignet sich so eine Prognose dann gar nicht.