Interview: Harald Juen
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Einige von uns hatten in früheren Tagen einen Traum.
Den Traum von der eigenen Marke.
Ein eigenes Logo, ein eigenes Team, Werbung machen am Berg
und damit sogar noch Geld zu verdienen.
Nur wenige von uns hatten auch die Eier dazu, ihr erspartes Geld nicht nur in Bier, überteuerte Liftkarten und in nächtelangen Party´s zu investieren, sondern es in einen gemeinsamen Traum zu stecken.
Zwei jung gebliebene, bayrische Buam haben sich genau diesen Wunsch vor 10 Jahren erfüllt. Michi & Ralf von HÄXA erzählen uns nicht nur ihre eigene Geschichte, sondern geben uns einen tiefen und interessanten Einblick in die Klamottenindustrie und ihre Positionierung auf dem umstrittenen Markt.
Servus Michi; Servus Ralf!!
Es freut mich wirklich sehr, dass ihr euch beide die Zeit genommen habt,
um mit mir diesen „Storytalk“ zu führen. Ihr beide seid ja bereits seit der ersten Stunde ein Teil unserer „Freestyle-Bewegung“ und daher ist es etwas ganz Besonderes
den Beginn und die Entwicklung unserer Szene (sei es Snowboard oder Freeski) aus eurer Sicht miterleben zu dürfen. Aber starten wir zuerst mit den Basic´s…
Wann und wo seid ihr beiden den aufgewachsen und wie kamt ihr zum Wintersport?
Servus Härry;
Aufgewachsen sind wir beide in den bayrischen Voralpen und zum Wintersport sind wir über das Skaten gekommen. Früher hat uns der Winter echt angekotzt, weil es einfach die skatefreie Zeit war die wir irgendwie überbrücken mussten. Irgendwann haben wir einfach angefangen die Achsen von unseren Decks zu schraubt und sind damit die heimischen Schlittenberge runter gerutscht. Klar verklebte das Griptape sofort mit Schnee und die Holzdecks platzen nach einer Weile auf, aber es hat uns einfach mega viel Spaß gemacht.
Dann kamen aus der USA die ersten Berichte über Snowboarden und wir wollten es unbedingt auch ausprobieren, aber leider fehlte uns erstens das Geld und natürlich der fahrbare Untersatz. Wir haben also die letzten Groschen zusammen gekratzt und sind irgendwann das erste Mal mit so nen Teil auf nen richtigen Berg und waren sofort infiziert.
Bei mir war es ähnlich. Ich suchte auch eine Beschäftigung die mich über die verschneiten Wintermonate hinweg tröstete. Freeskiing ließ mich meine traurigen Blicke auf mein Skateboard besser verkraften ☺ !! Was hat euch den an der damaligen Szene so fasziniert?
Es war alles so neu; wir sind da so mit reingewachsen. Es gab vorher nichts Vergleichbares. Man wurde fast schon wie die Pest behandelt, denn wir waren die, die den weißen Sport befleckten. Schon alleine wegen unserer nicht elitären Kleidung oder natürlich auch des Verhaltens wegen. Wir waren einfach anders als alle anderen und genau das hat damals die Szene ausgemacht. Wir waren nicht gern gesehen und dadurch sind wir zusammen gewachsen. Wir mussten uns all das was heute so selbstverständlich ist erkämpfen. Ja und das war es, was so faszinierend war. Heute ist alles so leicht; man kommt in der Früh auf den Berg und es steht ein perfekt geshapter Park mit sauberen Kickern und glatten Rails für jeden bereit.
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Wenn wir gerade beim Thema „Snowparks“ sind… Wie haben sich den die Parks in den Alpen über die Jahre verändert?
Als wir begonnen haben, gab es noch keine Snowparks, geschweige Rails oder Boxen. Wir sind einfach auf´n Berg, haben uns bei einem netten Liftler eine Schaufel geliehen und dann wurde erstmal den halben Tag geschaufelt und alle haben zusammen geholfen. Wenn es blöd lief, kam man am nächsten Tag an den handgeschaufelten Spot und alles war wieder platt gemacht und man musste von vorn beginnen. Dann kamen die ersten Summercamps auf der Zugspitze und das legendäre SPC am Hintertuxer Gletscher. Da gab es dann eine lange Kicker Line und eine Pipe. Das wars auch schon… aber wir waren glücklich damit. Heutzutage geht die Welt ja schon unter, wenn die Absprünge zu flach oder zu steil sind. Es hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan und das ist auch gut so. Wir sollten nur wieder lernen das zu schätzen, was wir haben.
Ich kann mich auch noch sehr gut an die verrostete und schlecht geshapte Straight- Wave- und Curve-Box am Hintertuxer Gletscher erinnern. 4 Stunden Autofahren für 5 Stunden Skiin… diese Tage verankern ein paar unvergesslich schöne Erinnerungen in meinem Leben. Es haben sich aber nicht nur die Parks verändert, sondern auch deren „Bewohner“.
Wie seht ihr die Veränderungen der Parkinsassen? Hat sich ihre Einstellung zum Sport verändert?
Klar hat sich einiges verändert. Früher war man froh, wenn man irgendwoher einen Hoodie auftreiben konnte, den sonst keiner hatte, oder man sogar vergünstigten Stuff bekam. Man tackerte sein Auto mit Stickern seiner Lieblingsmarke oder seinem Sponsor zu und war mega gestocked! In dieser Zeit gab es dann nichts Geileres als genau diesen Stuff. Heute wechseln die Fahrer schon oft ihren Sponsor nur, weil sie wo anders ein oder zwei Pullis im Jahr mehr bekommen und all die „besseren“ Skier wollen sowieso on Top Kohle sehen… sonst läuft da gar nichts. Es gibt keine Verbundenheit mehr zu der Firma die einen pusht, ihr Material in Medien veröffentlicht und die Fahrer bekannt macht. Aber zum Glück gibt es ja immer noch Ausnahmen ☺ !!
So, nun kommt eine Frage, die euer bisheriges Leben stark beeinflusst hat… Wie entstand die Idee eure eigenen Clothings zu designen und zu vertreiben?
Entstanden ist die Idee mit HÄXA in Hintertux am Parklift. Wir haben einfach von unseren eigenen Klamotten geträumt, wie sie aussehen und sein sollten. Unsere Gedanken kreisten über Fragen was wir gerne hätten, oder was man anders an den derzeitigen Clothings machen könnte. Wir fanden die Idee gut und waren so davon überzeugt, dass wir schon kurz darauf 100 T-Shirts und 2 Kapuzenpullis produzieren ließen. Für mehr hat die Kohle auch nicht gereicht. Die zwei Hoodies waren für uns selber und die hundert Shirts waren so schnell vergriffen wie ein Beutel Weed auf´m Berg.
Ja, so kam dann eins zum anderen und es ging weiter und weiter bis dann irgendwann die ersten Läden uns Emails schrieben und den Stuff unbedingt in ihre Shops hängen wollten.
Wir betreiben HÄXA immer noch zu zweit und teilen uns die ganze Arbeit auf.
Ralf und ich sind zwar nicht immer einer Meinung, aber ich denke, genau das ist auch gut so. Ansonsten wäre es ja langweilig. Es kam aber auch schon vor, das einer den Laden (aus verletzungsbedingten Gründen des anderen) einige Zeit alleine bewältigen musste… was echt nicht ganz leicht ist. Aber auch hier wechseln wir uns mit den Verletzungen ab, so dass auch das ausgeglichen ist. Sollte es mal ruhig um HÄXA werden, liegen wir beide wahrscheinlich gleichzeitig im Krankenhaus 😉 .
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Das wollen wir natürlich nicht hoffen!!!! Aber als ihr immer größer und professioneller wurdet, habt ihr entschieden euren Focus auf hochwertige und langlebige Klamotten zu richten. Wie groß ist der Konkurrenzkampf mit Billigprodukten aus China?
Natürlich gibt es den, aber wir halten seit Jahren an unserer Qualität fest und hoffen, dass die Leute die unsere Sachen kaufen auch den Unterschied zu anderen, billigeren Produkten die man am Markt findet auch schätzen und fühlen. Ich glaube aber fest daran, dass wir immer noch auf dem richtigen Weg sind. Wenn ich unsere Reklamationsquote anschaue, die fast gegen Null läuft, bestätigt das natürlich meine Vermutung. Und Nein, wir sind nicht reich damit geworden. Außer reicher an Erfahrung. Aber es macht immer noch Spaß an der ganzen Entwicklung von der Idee – weiter zum Entwurf – hin zum Muster – bis schlussendlich zum fertigen Produkt selbst verantwortlich zu sein. Wir haben also einen wirklichen Bezug zu jedem Produkt von uns und was wirklich witzig ist… wir haben jedes Teil schon mal selbst in unseren Händen gehalten. Sehe ich also heute irgendwo in der Schweiz oder wo anders einen HÄXA-Träger, weiß ich genau, dass dieses Teil schon mal in meinen Händen lag. Wo gibt es sowas den heute noch? Darauf sind wir sehr stolz.
Da können sich einige Firmen sicherlich eine Scheibe von euch abschneiden. Ich finde das sehr bemerkenswert! In einem Atemzug kann man aber auch sicherlich
die Worte „China“ und „Wegwerfgesellschaft“ nennen. Wie kritisch siehst du/ihr die fortschreitende Entwicklung unserer Wegwerfgesellschaft?
Eigentlich sehr kritisch. Alles ist fast rund um die Uhr verfügbar. Heute ist nichts mehr großartig besonders. Die Hauptsache ist, billig und am nächsten Tag zu Hause vor der Tür. Heutzutage macht man´s dem Kunden aber auch nicht leicht… was gestern noch cool war, ist morgen schon wieder uncool. Irgendwie wollen wir doch alle eigenständige Individuen sein, aber dann kommt ein neuer Trend und plötzlich sehen alle wie geklont aus. Außerdem finde ich, dass sich die Gesellschaft heute auch so verhält wie sie mit Dingen umgeht. Heute wird nichts mehr repariert, sondern nur noch ausgetauscht und in den Müll geworfen. Genauso verhalten wir uns auch in zwischenmenschlichen Beziehungen. Wenn was nicht mehr so läuft wie man es gerne hätte, wird es einfach ersetzt oder ausgetauscht. So geht leider nicht nur die Wertigkeit an materiellen Dingen, sondern auch an wichtigen Personen und Taten verloren.
Kommen wir wieder zurück zum Thema und lass uns wieder über die Szene sprechen.
Gibt es deiner Meinung nach noch Patriotismus in unserer Szene?
Hmm das ist eine schwere Frage, denn irgendwie sehe ich „Die Szene“ schon immer als ein Gesamtes. Also ich trenne es nicht in Freeski, Snowboarding oder Skateboarding. Für mich war es schon immer ein gemeinsames Ding. Ich denke, dass wir alle in einem Boot sitzen und nicht differenziert in verschiedene Sportarten. Wir sind anders als der ganze Mainstream und deshalb sollten wir auch alle zusammenhalten und nicht noch gegenseitig schlecht reden. Wie soll sich die ganze Welt vertragen wenn es nicht mal ein paar Leute schaffen?
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Das sehe ich genauso… aber neben unserem Schnee- und Rollsport hat sich noch eine weitere Sportart in unsere Gemeinschaft integriert… das „Downhilln“.
Daher hat HÄXA seit einigen Jahren auch „Downhill“-Clothing in ihrem Sortiment.
Sitzt du selbst auch auf dem Bike?
Eigentlich Ja, aber vor 3Jahren hatte ich einen heftigen Bikeunfall mit üblen Verletzungen. Angefangen bei mehrfach gebrochener Wirbelsäule, kolabierter Lunge usw. Hatte jetzt echt ne lange Pause und war froh im Winter wieder auf dem Brett zu stehen, aber ich denke, diesen Sommer schwing ich mich wieder auf meinen Sattel. Es macht einfach zu viel Spaß mit dem Downhill-Bike unterwegs zu sein.
Wie siehst du die Entwicklung der „Biker“-Szene?
Meiner Meinung nach, geht da noch einiges wie in jeder Sportart. Höher schneller und weiter. Wir sollten aber trotz all dem Ehrgeiz nie den Spaß an einer Sache verlieren, sonst haben wir unsere Ziele verfehlt.
Lasst uns mal über euer Team und eure Teamfahrer sprechen.
Hat euer Team in den letzten Jahren Nachwuchs bekommen?
Wenn ja, welchen? Und was ist euch an euren Teamfahrern wichtig?
Ja, wir versuchen immer talentierte Fahrer zu unterstützen, was für uns als kleine Brand nicht immer ganz einfach ist, da es viele Talente gibt und wir ein Sponsoring nur rein über „Free Stuff“ betreiben können. Aber ich glaube, unser Team ist auch über den Berg hinaus motiviert und man kann sich immer auf sie verlassen, egal um was es geht.
Unsere beiden Jüngsten im Team sind sogar Geschwister. Nina und Lukas Schlickenrieder… die sich gegenseitig pushen und extremen Spaß am Skifahren haben.
Uns ist eigentlich am wichtigsten, dass es Fahrer sind, die auch etwas transportieren… also Freude, Spaß und Teamspirit.
Gebt ihr uns am Ende noch kurz einen Einblick in die Zukunft?
Was steckt in der Pipeline von HÄXA?
Naja, wenn wir in die Zukunft sehen könnten, würden wir wahrscheinlich Nachts oft besser schlafen, haha. Nein im Ernst, es ist schwierig oft die richtigen Entscheidungen zu treffen oder auch „den Zahn der Zeit“ wie man so schön sagt. Wir werden sicherlich den Bike Sektor mehr ausbauen schon alleine weil wir beide leidenschaftlich auf dem Bike sitzen und natürlich dazu Klamotten brauchen ☺ !!
Vielen, vielen Dank euch beiden für diesen tollen und persönlichen Storytalk und ich wünsche HÄXA alles Gute für die Zukunft.
Gern geschehen Härry ☺ !!
Wir sehen uns auf´m Gletscher!!
peAce
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