Bitte stell dich doch erst einmal kurz vor, damit wir wissen, was du so tust.
Ich heiße Susanne, wurde am 27. September 1963 in München geboren und wuchs in Schliersee auf. 1988 heiratete ich meinen Mann Rudolf, einen Schweizer, und zog ins Zürcher Oberland. Ich arbeite als Purserette bei einer Schweizer Airline.
Wie fing das bei Kai mit dem Freeskiing an?
Mit zwei Jahren lernte Kai Skifahren. Hinter dem Haus gab es einen Skilift und dort fand man ihn in jeder freien Minute. Neben der Piste bauten die Jungs aus dem Dorf kleinere Schanzen. Dort machte er mit sieben Jahren seine ersten Backflips und 360er. Als er zehn war, schaufelten Jugendliche aus dem Dorf einen Kicker, um einen Event zu veranstalten. Als ich das Ding sah, verbot ich ihm, da drüber zu springen. Als ich arbeiten musste, erlaubte es ihm sein Vater dann doch, und ab da konnte man ihn nicht mehr bremsen.
Hatte Kai sofort deine volle Unterstützung?
Mit elf sagte Kai mir, dass er Profi werden wollte. Da ich bemerkte, dass er sehr talentiert ist und nie kopflos über die Kicker sprang, hatte er sofort meine volle Unterstützung. Und weil ich von meinen Eltern nie unterstützt wurde, habe ich mir geschworen, wenn meine Kinder das wollen, bekommen sie die volle Unterstützung.
Wann war dir klar, dass Kai ein Ausnahmetalent ist und es im Freeski-Zirkus schaffen könnte?
Das wurde mir sehr schnell klar. Jedoch war und ist es mir immer sehr wichtig, dass er es aus eigenem Antrieb macht und das alles mit Freude an seinem Sport. Und weil er sehr jung angefangen hat, war mir schon klar, dass er mit dieser Freude, aber auch diesen Strapazen erst durch die Pubertät kommen müsste. Aber bis jetzt hat er nichts von seiner Freude verloren.
Viele Freeskier haben ihre Wurzeln im Rennsport. War das bei Kai auch so? Falls ja, hättest du es lieber gesehen, wenn er dabei geblieben wäre?
Nein, Kai ist nie Rennen gefahren, aber seine Schwester bei den Schweizer Meisterschaften. Da habe ich gesehen, wie hart der Konkurrenzkampf schon bei den Kleinen ist – und speziell unter den Eltern. Der Druck ist enorm und ich finde das nicht gut. Die Freeski-Szene ist viel lässiger drauf. Das geht viel kollegialer zu und gefällt mir wesentlich besser.
Wie verstehen sich die Eltern der Freeski-Pros eigentlich untereinander?
Im Großen und Ganzen haben die Eltern auch ein gutes Verhältnis. Lästereien sind selten, die Kollegialität der Fahrer überträgt sich auf die meisten Eltern. Klar gibt es wie in jedem anderen Sport auch Neider – oftmals haben gerade diese Eltern einen starken Renn-Hintergrund. Mehr Mühe haben wir Eltern oft mit dem Judging.
Hattest du generell andere Pläne für die Zukunft deines Sohns?
Nein, gar nicht. Sein Traum ist auch mein Traum. Jedoch ist mir auch wichtig, dass Kai eine Ausbildung abschließt. Sicher musste ich ihn ab und zu zurechtweisen und ihn vor die Wahl setzen. Aber da er seinen Sport liebt, hat er es nie darauf ankommen lassen.
Wie sieht es bei dir selbst mit dem Skifahren aus? Liegt das Talent in der Familie und wurde Kai in die Wiege gelegt?
Ich bin als Kind viel Rennen gefahren. Auch ich habe alles Neue ausprobiert und war eher draufgängerisch. Bei Swingbo und Snowboard war ich eine der Pionierinnen. Das erste Snow- board hatte ich 1985 schon unter den Füßen und bin Rennen und Contests gefahren. Also, ich denke schon, dass ich ihm da was mitgege- ben habe. Sicher hat er meinen Ehrgeiz geerbt.
Was sind deine größten Sorgen, wenn Kai unterwegs ist?
Meine größte Angst ist, dass er sich bei einem Sprung schwer verletzt. An sich springt Kai meistens mit Köpfchen, jedoch wird der Wett- kampfdruck immer größer. Und bei großen Ver- anstaltungen wird der Contest oft trotz widri- ger äußerer Umstände durchgeführt.
Nun ist es üblich, dass die Rider immer wieder Edits von ihren Reisen ins Internet stellen. Gab es da mal irgendeine peinliche Situation?
Bei seinen Edits noch nie. Aber er und seine Freunde haben eine Zeit lang so Chaos-Editions von ihrem Zusammenleben online gestellt. Die fand ich zum Teil eher grenzwertig. Aber wahrscheinlich bin ich zu alt dafür.
Die Pros hängen ja auch untereinander gerne miteinander rum und kennen sich oft von früher. Mit welchem der anderen Pros, mit denen Kai heute noch zu tun hat, hättest du ihm damals am liebsten den Umgang verboten?
In den Anfangszeiten gab es noch vermehrt Fahrer, die gekifft haben, speziell auf kleineren Contests in der Amateurszene. Jedoch hat sich jetzt die Spreu vom Weizen getrennt und die meisten wissen, wie sie sich als Pros zu verhalten haben. Und ich habe nichts dagegen, wenn nach einem Contest etwas feucht gefeiert wird.
Was war das niedlichste Muttertagsgeschenk, das Kai dir jemals gemacht hat?
Es gab viele schöne selbst gebastelte Geschenke. Doch ein Herz aus Stroh mit einer eingesteckten Rose war es wohl.
In der Pubertät durchlebt man ja so einige Phasen. Welche Phasen hat Kai schon alle durchlebt und welche war die nervigste Phase?
Kai ist mit seinen 17 noch voll drin. Bis jetzt hatte ich noch nie Probleme mit ihm. Da ich seit sieben Jahren in der Szene bin, kann mich nicht viel aus der Ruhe bringen. Und da er mehr unterwegs ist als daheim, haben wohl seine Kollegen und Trainer mehr davon abbekommen.
Was war in diesem Zusammenhang der größte Fashion-Ausrutscher von ihm?
Kai ist eher konservativ. Meiner Meinung nach könnte er ruhig etwas flippiger herumlaufen. Er wäre sicherlich der perfekte Schwiegersohn.
Damit’s zum Ende noch mal richtig schön peinlich wird, hier der Klassiker: Die Eltern kommen zu früh aus dem Urlaub wieder. Ist das bei euch auch schon einmal passiert?
Das kam noch nie vor, da er mehr unterwegs ist als wir. Und bis jetzt haben wir unser Leben viel nach seinem Rhythmus gelebt und sind zu Hause, wenn er da ist.
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