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Interview mit der deutschen Olympiahoffnung David Zehentner

Themen: Worldcuperfolge, "The American Way of Life" und die mögliche Qualifikation für Olympia 2022 in Peking.

Der Name David Zehentner (18 Jahre) schwirrte in letzter Zeit hier und da mal durch die Freeskiszene. Spätestens seit dem 4. Platz beim BigAir-Weltcup in Chur vor 2 Monaten ist sein Name auch International ein Begriff. Wir konnten mit dem sympathischen Oberbayer (Bayrischzell) darüber sprechen, was seit diesem Erfolg alles passiert ist. Darüber hinaus erklärt er uns, wie das Qualifikationssystem für die Olympischen Spiele funktioniert, und wie er seine eventuelle Teilnahme an Olympia 2022 in Peking beurteilt.

Hi David, wie geht’s dir? Wo treffen wir dich im Moment an?

Servus zusammen! Mir geht es blendend. Ich war heute Vormittag mit ein paar Freunden, bei mir zu Hause in Bayrischzell, Skitouren gehen. Bei uns liegt mittlerweile richtig viel Schnee für die Jahreszeit und wir konnten einige gute Powderturns fahren.

Das hört sich super an! Beim BigAir-Weltcup in Steamboat, Colorado vor ein paar Tagen ist dir mit dem 12. Platz erneut ein großer Erfolg gelungen und Du hast das Finale nur ganz knapp verpasst. Wie enttäuscht warst du, dass es für das Finale nicht ganz gereicht hat?

Ehrlich gesagt war ich im ersten Moment wahnsinnig erleichtert, dass ich meine Tricks gestanden habe. Ich wusste ganz genau, dass das meine größte Chance sein wird nochmal Weltcuppunkte für Olympia zu sammeln, da in diesem Jahr kein Big Air mehr stattfindet und das zur Zeit meine stärkere Disziplin ist. Als ich dann am Samstag das Finale live vor Ort bei perfekten Bedingungen angeschaut habe, war ich dann doch sehr enttäuscht. Ich weiß, dass ich es in die Top 10 schaffen hätte können. Der Trick hat gepasst. Diesmal hat einfach das kleine Quäntchen Glück gefehlt.

David Zehentner
David beim WC in Steamboat, Colorado mit seinem Teamkollegen Vincent Veile (links)

Absolut Verständlich, trotzdem ein Top Ergebnis. Warst du eigentlich das erste Mal in den USA? Wir würden gerne wissen welche Annehmlichkeit des „American Way of Life“ begeistert dich am meisten und welche Gegebenheit vor Ort findest du am skurrilsten?

Ich war vor 6 Jahren schon einmal mit meinen Eltern und letzte Saison bei den Weltmeisterschaften in Aspen. Also war das Insgesamt das dritte Mal. Immer wieder beeindruckt mich es, wie anders es da drüben ist.

Am auffälligsten finde ich sind die Autos. Je größer und massiver, desto besser. In Steamboat, wo der Weltcup stattfand, gab es auch etwas bessere Gegenden. Doch anstatt Porsches oder andere Luxusautos, wie man es in Europa vermuten würde, standen da einfach diese 3 Meter hohen Dodges vor der Haustür. Manchmal fragt man sich wirklich, ob das noch Auto, oder schon ein Monstertruck ist. Das fasziniert mich jedes mal aufs Neue.

Was ich sehr erfrischend an den Amis finde, ist ihre Weltoffenheit. Jeder spricht dich im Lift an und fragt wie das Training läuft und alle fragen sobald sie deine Startnummer sehen sofort wie der Wettkampf lief und so weiter. Natürlich sind das alles nur sehr oberflächliche Gespräche, aber es ist doch sehr anders als bei uns.

David Zehentner
The bigger the better! David teilt mit uns seine Eindrücke aus den USA

Vor einigen Wochen hast Du einen Achtungserfolg beim ersten BigAir-Weltcup der Saison in Chur erreicht und plötzlich deinen Namen inmitten der Freeskielite platziert (Wir berichteten). Vielleicht kannst du uns nochmal kurz aus deiner Perspektive erzählen, wie du den starken 4. Platz dort eingefahren hast? Hat sich seit dem 4. Platz für Dich etwas verändert? Mehr Aufmerksamkeit von außen und eventuell mehr Erwartungsdruck? Oder einfach nur mehr Selbstbewusstsein und Bestätigung der eigenen Skills?

Ich muss ganz offen und ehrlich sagen, den vierten Platz habe ich hauptsächlich dem BangerPark zu verdanken. Wir waren diesen Sommer so oft auf dem Airbag und haben die Tricks wiederholt. Ich hatte in Chur so ein gutes Gefühl, weil ich wusste, dass ich den Trick schon so oft gemacht habe, dass er mir echt einfach vorkam. Ich war null nervös, hatte kein mulmiges Gefühl, Garnichts. Ich wusste, dass ich es stehen werde. Im Finale war es dann mein großes Glück, dass durch den starken Wind das Finale so weit nach hinten rausgezögert wurde, dass wir nur noch einen anstatt zwei Tricks machen mussten. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch keinen wirklich konkurrenzfähigen zweiten Trick in der Tasche. Deswegen wäre das Ergebnis sicher anders ausgefallen.

Hat sich seit dem etwas verändert? Jaein. Ein paar Änderungen gibt es schon. Was mich wirklich sehr freut ist, dass eigentlich jeder beim Weltcup jetzt meinen Namen kennt und mich anspricht. Angefangen von Nick Goepper der mich nach Tipps für einen Switch Double Misty fragt, bis zu den Schweizern, mit denen wir regelmäßig beim Frisbee Golfen waren und eine mega lustige Zeit hatten. Es haben sich dadurch definitiv einige neue Freundschaften gebildet. Auch so Kleinigkeiten wie einen Instagram Follow von Alex Hall machen einen dann schon happy. Natürlich sind auch ein paar Firmen auf mich aufmerksam geworden, aber im Großen und Ganzen bleibt eigentlich alles beim alten. Außer, dass es zurzeit noch mehr Spaß macht als sonst.

Ich habe auch nicht das Gefühl, dass der Erwartungsdruck von Außen gestiegen ist, aber der Druck, den ich mir selbst mache, ist um einiges höher. Beziehungsweise meine Erwartungshaltung ist extrem gestiegen. Letztes Jahr habe ich mich über jedes Top 30 Ergebnis gefreut. Dieses Jahr, als ich 12er in Steamboat wurde, war ich ziemlich angefressen, dass ich es nicht unter die Top 10 geschafft habe. Finale fahren ist in diesem Jahr immer das Ziel.

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David beim BigAir WC in Chur vor einer massiven Crowd. Credit: Laemmerhirt

Nach den letzten beiden Erfolgen in den BigAir-Weltcups scheint die Olympiaqualifikation nahezu geschafft zu sein. Kannst Du uns und den Leser*innen sagen, wie deine Chancen stehen bzw. was noch passieren muss damit Du sicher dabei bist?

Zuerst muss ich sagen, dass es immer noch surreal ist, dass wir über die Olympiaqualifikation reden. Wir hatten im Sommer eine Teambesprechung für die Saisonvorbereitung. Dort haben wir mal durchgerechnet, was wir erreichen müssten, um uns zu qualifizieren. Diese Ergebnisse, die dabei rauskamen, schienen zu diesem Zeitpunkt absolut undenkbar! Deswegen bin ich umso happier, dass wir wirklich über das Thema reden.

Die Olympiakriterien für Deutschland habe ich in Chur schon eingefahren und in Steamboat nochmals bestätigt. Für die internationale Qualifikation müsste ich mindestens auf Platz 30 der bereinigten Weltrangliste sein. Bereinigt heißt, dass jede Nation nur maximal vier Männer starten lassen darf. Auch wenn es mehrere derselben Nation unter die Top 30 schaffen.Angenommen es wären zehn US-Amerikaner auf den Plätzen eins bis zehn der Welt, könnten trotzdem nur die besten vier starten. Somit werden dort einige Fahrer aus den starken Nationen wie Schweiz, Norwegen und USA herausgenommen. In jener Liste bin ich gerade 29. Platz.

Das mag komisch klingen, weil ich in zwei von drei Wettkämpfen echt gute Platzierungen dieses Jahr habe, jedoch zählen bei uns leider die letzten zwei Saisonen auch noch dazu. Da ich vor zwei Saisonen noch gar nicht Weltcup gefahren bin und letztes Jahr erst meine erste Weltcupsaison war, habe ich in diesen zwei Jahren dementsprechend wenig Punkte gesammelt. Diesen Nachteil, muss ich jetzt in dieser Saison aufholen. Schlussendlich lässt sich sagen, dass es knapp wird, aber es ist definitiv möglich.

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David bei den PrimeParkSessions am Stubaier Gletscher. Credit: Syovan Vliet

Blickst du auch etwas besorgt auf deine wahrscheinliche Teilnahme an den Olympischen Spielen 2022 in Peking wegen der politischen Situation dort und der Abschottung der Sportler, oder überwiegt einfach die Vorfreude bei diesem Großereignis eventuell dabei sein zu können?

Ich muss sagen bei mir überwiegt die Vorfreude. Seitdem ich ein kleines Kind bin, träume ich von einer Olympiateilnahme und nun es ist zum Greifen nahe.

Natürlich ist es glaube ich jedem klar, dass man dieses Land mit all ihren für uns nicht nachvollziehbaren und absolut unakzeptablen Regeln, Werten und Normen nicht gutheißen kann. Dennoch finde ich es ehrlich gesagt unfair den Sportlern gegenüber zu fordern, dass sie diese Spiele boykottieren sollen. Kein Sportler der Welt, natürlich mit paar Ausnahmen, würde sich bei der momentanen Lage für China entscheiden. Die Entscheidungsträger sind aber nun einmal nicht die Sportler, sondern Politiker, Lobbyisten, CEOs und andere einflussreiche Leute. Deren Ziel ist natürlich, möglichst großen Profit aus der Sache zu ziehen. Im Endeffekt wissen wir alle, dass es nur ums Geld geht.

Trotzdem ist das für einen kleinen Sportler wie mich aus einer verhältnismäßig unbekannten Sportart eine unglaublich gute, aber auch wichtige Gelegenheit, den eigenen Sport der Welt zu zeigen. Denn die Medienaufmerksamkeit ist nirgends so hoch wie bei den Olympischen Spielen.

Ja, es ist definitiv keine einfache Situation für die Sportler*innen bei den Olympia 2022 in Peking. Wir drücken Dir jedenfalls die Daumen, dass die Olympiateilnahme klappt. Außerdem freuen uns sehr, dass mit Dir ein Deutscher Freeskier ganz oben mitmischt und werden die zukünftigen Ereignisse mit Spannung verfolgen. Vielen Dank für deine Zeit David!

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