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Special

Banff Centre Mountain Film Festival 2023 – Im Interview mit Jochen Mesle & Philipp Becker zum Film „Balkan Express“

Balkan Express – 5 Wochen und 2500km mit dem Rad von Griechenland nach München und das vollbeladen mit Skiequipment auf der Suche nach der perfekten Abfahrt.

Max Kroneck und Jochen Mesle haben sich nach ihrem prämierten Film Ice & Palms bei ihrem neuesten Werk wieder mit der Crew von El Flamingo zusammengetan, um den damaligen Trip über die Alpen zu toppen. Mit dem Zug ging es für die zwei Abenteurer nach Thessaloniki und zurück mit dem Rad über sieben Länder in ihre Heimat München. Der Film Balkan Express ist Teil der Banff World Tour und wir hatten das große Glück Jochen und den Produzenten Phillipp Becker vor der Premiere zu einem Interview zu treffen.

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Hallo Jochen & Philipp, schön, dass es so spontan noch mit einem Termin geklappt hat. Am besten starten wir direkt los. 2500 km sind eine sehr lange Strecke, wie und wann habt ihr eure Route geplant?

Jochen: Wir haben die Route ziemlich konkret vom Termin her festgelegt, damit wir beim Übergang von Winter zu Frühling unterwegs sind und die Bedingungen zum Skifahren noch gut sind. Deswegen sind wir auch von Süden nach Norden gefahren. Wir haben vorab schon Kontakte zu einigen Locals geknüpft und somit hatten wir auf der Strecke einige fixe Verabredungen. Der eine Termin war in Montenegro bei einem Künstler, der auch das Artwork zu unserem Film entworfen hat und dann hatten wir noch zwei Spots, die wir uns unbedingt anschauen wollten. Das Gute war, dass es alles mehr oder weniger auf einer Linie lag und wir somit nicht großartig von der Strecke abweichen mussten. Am Ende haben wir mehr oder weniger spontan von Tag zu Tag geplant, je nach Wetter, Lust und Laune. Das hat gut funktioniert.

Habt Ihr Eure Berge bzw. Gipfel davor definiert und habt ihr diese soweit abhaken können?

Jochen: Ziel war es in jedem Land eine Bergregion zu besuchen und abzufahren. Wir haben es echt gut erwischt, aber mussten dann beispielsweise in Montenegro einige Berge auslassen, weil wir weiter fahren mussten, um im Zeitplan zu bleiben.​

Wart ihr als Produktion immer mit dabei oder nur sporadisch?

Philipp: Wir waren ganz am Anfang mit dabei und haben in Thessaloniki die Olymp Story mit gedreht. Die Bedingungen waren wirklich super. Max & Jochen haben aber schon allein drei Tage für die Zugfahrt gebraucht. Die Zugverbindung zu buchen war wahrscheinlich das Aufwendigste der ganzen Reise;)

Jochen: Ja, das stimmt. Wir waren auch mega nervös, ob wir unsere Räder überhaupt mitnehmen können. Es hat dann am Ende doch ganz gut geklappt und wie Philipp schon gesagt hat, haben wir dann super Schnee bekommen.

Philipp: Wir haben natürlich auch vor der Abreise die ganzen Powdermaps und Vorhersagen gecheckt, gerade auch weil es zu dem Zeitpunkt in den Alpen super trocken war. Wir hätten es wirklich nicht besser treffen können, denn genau mit uns ist der Schnee gekommen. Wir kamen an und jeder hat nur von Schnee geredet.
Aber nochmal zurück zur Frage. Wir waren eigentlich nur am Anfang mit der Filmcrew vor Ort und den Rest haben die zwei dann eigentlich größtenteils selbst dokumentiert.

Jochen: Wir hatten jeder eine Kamera und eine Drohne dabei und waren anfangs auch ein wenig überfordert. Gerade bei den perfekten Bedingungen in Albanien wollten wir die Aufnahmen dann auch nicht verhauen.

Philipp: Die Jungs haben das wirklich gut gemacht, denn neben den Anstrengungen der Tour mit dem Rad & Skifahren mussten sie sich auch um das Equipment kümmern – Akkus laden, Daten sichern usw. Wir sind auch wirklich froh, dass es am Ende so gut geklappt hat.

Bei eurer Produktionsfirma El Flamingo seid ihr Experten im Outdoor Film Bereich und konntet die Jungs sicher auch ein wenig vorbereiten und Tipps geben, oder?

Philipp: Ja klar. Wir haben auch den Film „Ice & Palms“ zusammen gemacht und haben für diesen Trip das Equipment zusammengestellt und alles erklärt.

Wart ihr damals die gleiche Crew?

Philipp: Ja, wir waren tatsächlich vor und hinter der Kamera das gleiche Team und wir haben auch da alles so geplant, dass Jochen und Max autark arbeiten können, egal ob einer von uns dabei ist oder nicht. Im Kosovo waren wir noch kurz dabei und am Ende in Slowenien bis nach München ein paar Tage.​

Wie viele Ski-Abfahrten hattet ihr am Ende?

Jochen: Insgesamt waren wir sieben Mal auf den Skiern, aber ironischerweise wurde der Schnee immer schlechter je weiter wir in den Norden gekommen sind. Auf dem Fahrrad war es dafür umso schöner – aber ja, insgesamt sieben Länder und sieben mal Skifahren.

Philipp: Das hat dieses Mal wirklich gut gepasst. Das war bei Ice & Palms wesentlich schwieriger.

Jochen: Die ersten zwei Regionen hatten wir wirklich perfekten Tiefschnee. Wir wollten dann auch den höchsten Berg Albaniens befahren, aber da war dann das Wetter einfach zu schlecht. Dann sind wir spontan nach Kosovo und haben den perfekten Tiefschnee bekommen. Wir haben echt eine gute Balance aus Biken & Skifahren hinbekommen.

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Dann habt ihr euch mehr oder weniger treiben lassen?

Jochen: Ja genau. Wir haben auch wirklich zum Großteil nur einen Tag im voraus geplant und entschieden, wo genau wir hinfahren. Wir haben das sehr spontan gemacht, aber sind da mit Max ein eingespieltes Team.

Philipp: Manchmal ging es auch gar nicht anders, denn die Karten und Informationen über die Straßen und Wege waren in manchen Ländern wirklich katastrophal und so hatten wir auch teilweise Straßen, die man im Winter bzw bei Schnee gar nicht befahren konnte und somit musste man sich Alternativen suchen.

Habt ihr denn eigentlich auch andere Tourengeher auf dem Trip getroffen?

Jochen: Wir haben eigentlich nur 3 Skifahrer getroffen. Das war ein Dreierteam aus Italienern und die haben wir tatsächlich an zwei unterschiedlichen Orten wiedergesehen. Die waren in Kosovo und Albanien. Sonst waren wir eigentlich komplett alleine. Das war zwar super schön, aber auch ganz schön fordernd, da wir in Bergen unterwegs waren, wo keiner von uns zuvor war und sich auskannte. Zum einen hatten wir unendlich viele Möglichkeiten, aber keine Ahnung wie genau die Schneebeschaffenheit und die Bedigungen sind.

Heftig. Aber ihr hattet offensichtlich ein gutes Händchen, wenn man sich die Aufnahmen ansieht. Habt ihr eigentlich auch im Zelt bzw draussen übernachtet?

Jochen: Anfangs nicht, da gab es keine Chance wegen dem vielen Schneefall und da wir unsere Klamotten sonst nicht mehr trocken bekommen hätten. Aber sonst haben wir einfach draussen geschlafen. Wir hatten ein Zelt dabei, aber nie benutzt. Wir sind da mittlerweile recht abgehärtet und Profis, wie wir uns einen guten Schlafplatz organisieren.
Zum Aufladen der Akkus haben wir uns immer mal wieder in Cafes gesetzt und unsere Powerbank konnten wir über einen Dynamo laden.​

Respekt. Kaum vorzustellen, wie ihr neben dem vielen radeln, skifahren und draussen pennen noch Kraft und Motivation gefunden habt.

Jochen: Wir sind da tatsächlich super eingespielt und schlafen immer erstaunlich gut. Das ist sicher auch ein wenig der Erschöpfung geschuldet.

Also kein Backup Fahrzeug der Filmcrew?

Jochen: Nein gar nicht. Selbst als uns das Team begleitet hat, haben sie sich zum Filmen positioniert und wir sind einfach weiter geradelt und das klappt wirklich super mit der Crew.

Wie lange seid ihr denn am Tag im Schnitt geradelt bzw wie sah ein klassischer Tag bei euch aus?

Jochen: Meistens sind wir immer recht spät erst gestartet. Max ist immer sehr gemütlich am Morgen und so kamen wir zumeist erst um die Mittagszeit los. Die meisten Kilometer machen wir häufig kurz vor und nach dem Sonnenuntergang. Meistens sind wir so 10 Stunden im Sattel. Wir haben uns aber auch nicht gestresst. Wir wussten, dass wir uns die Kräfte gut einteilen müssen.
Wir haben wirklich dazu gelernt, da wir bei „Ice & Palms“ an unsere Grenzen gekommen sind. Das hat dieses Mal wirklich gut geklappt und wir waren wirklich jeden Tag motiviert. Auch bei schlechtem Wetter. Zumeist ist es ja so, dass man bei guten Skibedingungen recht bescheidenes Radelwetter hat oder halt andersrum.

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War das Radeln dann am Ende das Mittel zum Zweck, oder seid ihr mittlerweile ebenso motivierte Radler wie Skifahrer?

Jochen: Also der Auslöser, dass wir das Projekt gemacht haben, war das Skifahren und über die Jahre haben wir das Fahrradfahren lieben gelernt. Gerade auch Max ist da mittlerweile voll angefixt. Man braucht tatsächlich auch andere Muskeln und so ergänzt sich das Radeln und Skifahren eigentlich sehr gut.

Interessant. Obwohl es bei beiden Sportarten primär um die Beinmuskulatur geht sind das unterschiedliche Partien?

Jochen: Mehr oder weniger schon, aber das ist eben auch vom Kopf her super gut. Man kann sich vom Skifahren erholen während man radelt und andersrum.

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Perfekt. Bist Du und Max auch privat befreundet, oder wieso kommt ihr so gut miteinander aus?

Jochen: Auf jeden Fall. So einen Trip kann man nicht mit jedem machen und wir sind über die Jahre zusammengewachsen. Gerade in heftigen Situationen verstehen wir uns wirklich blind und haben Spaß zusammen. Wir sind zwar beide Starrköpfe und Besserwisser (was man auch im Film sehen kann) aber wenn man sich jeden Tag sieht, dann kann es schon mal zu Auseinandersetzungen kommen. Aber wir haben uns in 5 Wochen nur drei Mal für eine halbe Stunde gestritten und danach war alles wieder gut.​

Habt ihr denn auch Familie oder Freunde, die ihr zurück lasst bei solchen Trips und was halten die davon?

Jochen: Also ich habe eine Freundin und bei 5 Wochen denkt man natürlich auch oft an Zuhause. Bei Max ist das sicher noch mal anders, da er 3 Kinder hat, die alle noch klein sind und da passiert natürlich in der Zeit sehr viel. Für ihn ist das schon ein echtes Commitment auf so eine Reise zu gehen.

Das können wir uns gut vorstellen. Wie kam denn die Connection zu El Flamingo?

Jochen: Wir arbeiten eigentlich seit 2010 zusammen und haben seitdem regelmässig gemeinsame Projekte gemacht. Ziel war es eigentlich jedes Jahr einen gemeinsamen Film zu machen. Max war dann ab 2014 dabei.

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Kommen die Ideen dann meistens von den Athleten oder macht ihr das gemeinsam?

Philipp: Wir machen das eigentlich gemeinsam. Ice & Palms war der erste Film, den wir in dieser Konstellation gemacht haben. Das war ein Selbstläufer und darauf aufbauend kamen dann die anderen Filme.

Hat das Thema Klima bzw umweltschonende Fortbewegung eine Rolle gespielt bei der Konzeption des Films, oder war das eher Zufall?

Jochen: Bei Max und mir war eigentlich der Ansatz, dass wir die Natur erleben wollen wie früher. Früher hat man die Natur beachtet und ist von Zuhause gestartet und hat auch viel mehr geschätzt, was man in der näheren Umgebung hat. Wir haben nicht überlegt ein ökologisches Projekt zu starten, sondern wir sind mit diesen Werten aufgewachsen. Mittlerweile ist es ja gang und gebe, dass man bei Filmprojekten den perfekten Bedingungen hinterher jagt – tagelang im Auto oder Flugzeug und da wollten wir eben nicht mitmachen.

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Dennoch passt das Konzept perfekt in die momentane Zeit. Gerade das Thema Bikepacking ist in den letzen Jahren auch sehr stark gewachsen. Macht ihr das dann auch im Sommer oder nur für Filmprojekte wie Balkan Express oder Ice & Palms?

Jochen: Wir haben nicht nur auf Ski Projekte in diesem Stil produziert, sondern auch 2-3 Klettertrips so gemacht. Das ist einfach eine super schöne Art zu reisen. Man ist schnell genug um voran zu kommen und im Sommer kommt man dann auch echt weit an einem Tag. Gleichzeitig ist man langsam genug um die Natur und das drumherum noch wahrnehmen zu können. Wir lieben die Kombi einfach. Das geht auch im ganz kleinem Stil. Einfach für 2 Tage zum Klettern und dann wieder zurück.

Philipp: Uns war es allen tatsächlich wichtig, das ganze Thema Ökologie bei unseren Filmen nicht an die große Glocke zu hängen. Wir wollen einfach ein Beispiel geben, wie man es auch machen könnte. Wir wollen da niemanden zurecht weisen, sondern einfach eine authentische Reise und Story produzieren.​

Das merkt man aber auch bei eurem Film. Das kommt unglaublich echt und authentisch rüber. Habt ihr denn zum Ende des Interviews noch einen Tipp, wie man so ein Projekt umsetzt und finanziert?

Philipp: Wir haben zu fünft insgesamt fast 3 Jahre an dem Projekt gearbeitet. Angefangen von der Konzeption und Partneraquise bis zum finalen Film und den Filmfestivals. Viele Partner kamen natürlich über die Sponsoren von Max und Jochen.

Jochen: Wir haben beide langjährige Partner und so haben wir schon mal eine gewisse Finanzierung gehabt und planen dann auch zusammen mit den Partnern den Film und die Integration.

Philipp: Man muss aber auch sagen, dass es echte „Passion Projekte“ sind. Das macht uns Spaß, aber Geld verdienen wir damit nicht. Mein Tipp wäre, dass man sich einfach ein spannendes Projekt überlegt und nicht ans Geldverdienen denkt. Sonst hätte es den Balkan Express Film nie gegeben. Dann sollte man sich überlegen wie man die Geschichte erzählen will und man sollte auch nicht zurückhaltend sein, was die Partneraquise angeht. Einfach mal Firmen auf Instagram anschreiben und häufig ergibt sich daraus was. Am Ende ist es auch egal, was du für eine Kamera hast. Wenn die Geschichte passt, dann braucht es kein teures High-End Equipment.

Jochen: Bleibt einfach authentisch. Ihr müsst das Rad nicht neu erfinden. Macht was euch Spaß macht. Traut euch mal was neues und lieber was kleines feines, als ein zu verkopftes Projekt.

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Was muss immer mit?

Jochen: Die Uhr. Ich liebe es zu sehen, wo wir uns befinden, wie viel wir gefahren sind usw.

Dann viel Spaß bei der Premiere und wir freuen uns schon riesig.

BANFF2023

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